
Wir haben geheiratet. - Ich kannte Wilfried schon über ein Jahr, als eines Abends ans Licht kam, welche einzigartige Bedeutung wir füreinander hatten. Wir waren voneinander fasziniert. Ich fand bei ihm eine überraschende Weite, geistig wie emotional. Und er hatte festgestellt, dass er sich mit niemandem über so vieles unterhalten konnte wie mit mir.
Als wir am nächsten Tag als verliebtes Paar auftraten, fielen unsere gemeinsamen Bekannten aus allen Wolken. Während der folgenden zwei Jahre gewöhnten sie sich daran, und manche begannen sich zu wundern, dass wir nicht schon längst eine gemeinsame Wohnung hatten, wo wir uns doch augenscheinlich so gut verstanden. Wir sind jedoch erst vor ein paar Monaten zusammengezogen, und zwar, nachdem wir ein großes Fest gemacht haben und einander auf dem Standesamt und in der Kirche versprochen haben, unser Leben lang zusammenzubleiben. Die Ankündigung unserer Hochzeit war für viele aus unserem näheren Umkreis erst recht Anlass zum Kopfschütteln: „Wollt ihr euch wirklich lebenslänglich aneinander binden? Bei den vielen gescheiterten Beziehungen, die es gibt... - So eine Ehe wie die meiner Eltern möchte ich euch jedenfalls nicht wünschen. - Ich finde es besser, eine schöne Beziehung zu nehmen, wie sie kommt, und sie nicht krampfhaft fest- zuhalten, wenn es eines Tages nicht mehr klappt.“
Wie kamen wir zu dem Entschluss zu heiraten? Zum einen waren wir füreinander so wichtig geworden, dass wir uns eine gemeinsame Zukunft wünschten. Zum anderen wollen wir als Christen, dass auch der Bereich unserer Partnerschaft von dem Bild der Liebe und Treue Gottes geprägt ist. Schon bevor wir uns gekannt haben, bejahten wir grundsätzlich die Ehe, aber die konkrete Entscheidung zu heiraten, verlangte Zeit. Zwei Jahre brauchten wir, um einander langsam kennen zu lernen.
Wir unterhielten uns zum Beispiel über unsere ganz unterschiedlichen Erfahrungen in unseren Familien und während der Schulzeit. Ich entdeckte, wie ich durch Wilfrieds anderen Lebenshintergrund bereichert wurde: von seinem sozialen Milieu über seine Konfession bis zu seinen Denkstrukturen. Manchmal erschraken wir auch über die Fremdheit des anderen und hatten heftige Auseinandersetzungen. Wir versuchten, uns in dieser Phase nicht unter Druck zu setzen, was wir denn nun alles gemeinsam tun müssten. Wir wollten mit unserer tatsächlichen Entwicklung Schritt halten. So wurden wir langsam unserer Entscheidung füreinander sicherer. In dieser Zeit wurden uns die Voraussetzungen für das Wir bewusst. Erstens: „Ohne Ich kein Du, kein Er, keine Sie usw. Nichts ist, wo nicht Ichs sind“ (KURT MARTI). Ohne Entwicklung der eigenen Persönlichkeit kann ich mich nicht mit dem Anderen zum Wir verbinden. Zweitens wurde uns bewusst, dass das Du immer ein eigenständiger Mensch sein wird, nie nur eine harmonische Ergänzung meines Ichs.
Wir fingen an zu planen, wie wir das Leben gemeinsam gestalten wollten. Wir hörten aber gleichzeitig in uns selbst die misstrauische Stimme: „Wir können doch heute nicht wissen, ob wir in zehn Jahren noch Zusammenleben wollen - so, wie sich ein Mensch im Laufe seines Lebens verändert ...“ Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob wir von allein den Mut zum Heiraten gehabt hätten. Obwohl wir es eigentlich wollten, hätten wir es vielleicht nicht gewagt. Der entscheidende Anstoß kam aus unserem Glauben an Gott.
Nach Aussage der Bibel hat er Mann und Frau mit der Fähigkeit zu lieben geschaffen und der Liebesbeziehung zwischen ihnen die Form einer lebenslangen, engen und öffentlichen Gemeinschaft gegeben. Das heißt für uns: Jeder darf wissen, dass wir für immer zusammengehören. Wir brauchen keinen Bereich aus unserer Gemeinschaft auszuklammern. Wir brauchen nicht die Möglichkeit offen zu halten, uns wieder zu trennen. Wir glauben, dass Gott uns hilft, unsere Ehe zu gestalten. Als Schöpfer hat er uns die Fähigkeit gegeben zu lieben, nämlich uns am Partner zu freuen, geschenktes Vertrauen nicht zu missbrauchen, das Glück des anderen als unser eigenes zu erleben.
Durch unseren Egoismus ist diese Fähigkeit verschüttet. Neuen Zugang zu Gottes reicher Liebe bekommen wir aber, wenn wir Jesus Christus in unser Leben aufnehmen, der den Egoismus überwunden hat. So ausgestattet, können wir das Haus unserer Beziehung bauen. Dabei ist das, was uns zum ersten Mal sagen ließ Ich liebe dich, die „Aktivierungsenergie“, mit der wir beginnen können.